Gedanken zu Flucht und strukturellem Rassimus in der Sozialen Arbeit

Der Krieg in der Ukraine hat auch uns in der CORAX-Redaktion erneut vor Augen geführt, dass Menschen insbesondere im Kontext von Flucht- und Migrationsbewegungen unterschiedlich wahrgenommen und anerkannt werden. Rassistische Diskriminierung geschieht an den Grenzen der Ukraine oder auch an anderen europäischen Außengrenzen und zieht sich bis in die Zielländer. Doch was bedeutet diese Form der Diskriminierung für eine professionelle Soziale Arbeit? Um uns dieser Frage anzunähern, haben wir redaktionsintern einige kurz-, mittel- und langfristige Perspektiven diskutiert. Ausgehend von einer Pressemitteilung des Sächsischen Flüchtlingsrates (2022) führten wir – Markus Weidmüller, Michaela Gloger und Robert Schuster – ein etwa einstündiges Gespräch. Im Beitrag im Heft skizzieren wir ausgewählte Aspekte der Auseinandersetzung. Das Gesprächs steht hier zum Nachhören zur Verfügung.

Sichere Orte für Kinder in der Kinder- und Jugendhilfe

Nachfolgend finden Sie die vollständige Literaturliste zum Beitrag „Sichere Orte für Kinder in der Kinder- und Jugendhilfe“ von Anna Michels-Boger in der CORAX-Ausgabe 3/2022.

Literatur

Dekker, Arne; Wazlawik, Martin & Christmann, Bernd (2018): Präventionsansätze, ihre Grenzen und Potenziale. Weinheim: Beltz Juventa.

Deutsches Jugendinstitut e. V. (2017): Abschlussbericht: Kultur des Hinhörens. Sprechen über sexuelle Gewalt, Organisationsklima und Prävention in stationären Einrichtungen der Jugendhilfe. www.dji.de/fileadmin/user_upload/bibs2017/derr_hartl_kultur_des_hinhoerens.pdf  (abgerufen am 05.07.2022).

Meier, Jana (2015): Jugendliche Gewalttäter zwischen Jugendhilfe- und krimineller Karriere. Abschlussbericht. www.dji.de/fileadmin/user_upload/jugendkriminalitaet/AST_Abschlussbericht_Gewalttaeter.pdf (abgerufen am 05.07.2022).

Sänger, Regina & Udolf, Margarete (2020): Transgenerationale Traumaweitergabe im Kinder- und Jugendhilfesystem. Auswirkungen und Umgang. In: Rauwald, Marianne (Hrsg.): Vererbte Wunden. Transgenerationale Weitergabe traumatischer Erfahrungen. 2. überarbeitete Auflage. Weinheim und Basel: Beltz.

Steinlin, Célia; Fischer, Sophia; Dölitzsch, Claudia; Fegert, Joerg & Schmid Marc (2015): Pädagogische Arbeit in Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen, eine gefahrgeneigte Tätigkeit. In: Trauma & Gewalt, 9(1).

Weiß, Wilma (2021): Philipp sucht sein Ich. Zum pädagogischen Umgang mit Traumata in den Erziehungshilfen. 9. Auflage. Weinheim und Basel: Beltz.

Erzieher*innenausbildung neu ordnen

Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), die kommunalen Spitzenverbände und die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) machen sich gemeinsam für eine Neuorganisation der Ausbildung von Erzieher*innen stark. In der CORAX-Ausgabe 3/2022 wird das Eckpunktepapier vorgestellt.

Quo vadis? – Jugendarbeit im ländlichen Raum

Im Artikel verweist Andreas Borchert auf die Landesdirektion Sachsen (LDS) und ihre Haushaltsfreigaben für die einzelnen Landkreise. Hier finden Sie die Pressemitteilungen in der Übersicht:

Jugendarbeit trifft auf „rechte Lebenswelten“ – die 90er und heute

Im Artikel von Antje Schneider und Kai Dietrich im Heft wird das Forschungsvorhaben des Modellprojektes ReMoDe und des Forschungsinstitutes SOFUB vorgestellt. Dessen Ziel ist es, die Expertise jugendarbeiterischer Praxis mit „rechts(extrem) orientierten Jugendlichen“ in den 90er Jahren für heutige Arbeitsrealitäten nutzbar zu machen. Hierbei wird forschungsmethodisch in einem Dreischritt die Perspektive und Praxis in den 90er Jahren analysiert, gemeinsam mit Praktiker*innen entlang der heutigen Arbeitsrealitäten abgeglichen und daraus ableitend strukturelle wie pädagogische Leitlinien formuliert. Das Vorhaben wird im Gesamtzeitraum von 2020 bis 2022 umgesetzt. In den kommenden CORAX-Ausgaben werden nähere Ergebnisse aus der Forschung in weiteren drei Artikeln präsentiert.

Zur Einordnung und Untersetzung des Artikels im Heft finden Sie hier ausführlichere Informationen zum AgAG-Programm.

Aktionsprogramm gegen Aggression und Gewalt (AgAG)

Das „Aktionsprogramm gegen Aggression und Gewalt“ (AgAG) war ein von 1992 bis 1996 ausschließlich auf Ostdeutschland ausgerichtetes Sonderprogramm des Bundes. Anlass und Ausgangspunkt waren Phänomene massiver (Jugend-)Gewalt (retrospektiv als sogenannte „Baseballschlägerjahre“ diskutiert) und massive „Ausländerfeindlichkeit“, die in den pogromartigen rassistischen Angriffen von Hoyerswerda im September 1991 gipfelten. Das Programm zielte auf den Abbau von Jugendgewalt mittels zielgruppenorientierter Angebote sowie auf die Reorganisation bzw. den Neuaufbau pluralistischer, demokratischer Jugendhilfestrukturen. Im Programm wurden u. a. 144 Projekte der Kinder- und Jugendarbeit in 30 ausgewählten Brennpunktregionen aufgebaut und gefördert, davon 18 Projekte in Sachsen (Dresden, Leipzig, Hoyerswerda, Plauen/Zwickau, Weißwasser, Görlitz/Zittau).

Parallel zum AgAG wurde das sächsische Landesprogramm (Landes-AgAG) „Jugend und Gewalt“ von 1992 bis 1995 entwickelt und umgesetzt. Ziel war die „Eindämmung und Zurückdrängung des Rechtsextremismus sowie der Gewaltbereitschaft“[1] unter Jugendlichen. Im sächsischen Landesprogramm wurden ausschließlich Modellprojekte Mobiler Jugendarbeit/Streetwork aufgebaut: in Hoyerswerda/Weißwasser, Görlitz, Dresden, Plauen, Leipzig, Chemnitz sowie ab 1993 in Zwickau.

Die in den Förderprogrammen konzipierten und umgesetzten Maßnahmen setzten auf eine vergleichsweise breite Ansprache der „gewalttätige[n], desorientierte[n] und desintegrierte[n] Jugend“[2] und fokussierten nicht ausschließlich auf rechtsorientierte junge Menschen. Im Endbericht des Bundes-AgAG berichteten jedoch etwa zwei Drittel der Projekte von „rechten Einstellungen“ ihrer Adressaten.[3]

Eine zentrale Kritik an diesen Programmaktivitäten ist die praktische Unterbelichtung der politischen Dimensionen des Rechtsextremismus, des Rassismus innerhalb der Maßnahmen und der sozialräumlichen Arbeit. So heißt es bereits im Zwischenbericht: „Unterschätzt wurde der hohe Politisierungsgrad des Aktionsprogramms insbesondere in seiner Wirkung auf die Projekte.“[4] Es existierten Projekte, die von rechtsextremistischen Aktivisten durchsetzt und zum Aufbau von Strukturen genutzt wurden, die langfristig eine menschenfeindliche Wirkung vor Ort und darüber hinaus entfalten konnten. Eng verflochten mit dieser berechtigten Kritik ist eine Bezugnahme auf den „Akzeptierenden Ansatz“ von Franz Josef Krafeld als Kardinalfehler sozialpädagogischer Beziehungsarbeit. Zwar diente die „Akzeptierende Jugendarbeit“ der damaligen Praxis als konzeptioneller Begriff, um einer auftragsgerechten Arbeit mit rechten Jugendlichen eine Klammer und fachliche Richtung zu geben. Eine systematische Adaption dieses anspruchsvollen Ansatzes fand indes lediglich in Ausnahmefällen statt.


[1] AGJF (Arbeitsgemeinschaft Jugendfreizeitstätten Sachsen) e. V. (Hrsg.) (1995): Das war’s … war’s das? Dokumentation zum Modellprojekt „Mobile Jugendarbeit“ der Arbeitsgemeinschaft Jugendfreizeitstätten Sachsen e. V. im Rahmen des Programms „Jugend und Gewalt“ im Freistaat Sachsen, Teil I-IV. Chemnitz.

[2] Bohn, Irina & Münchmeier, Richard (1997): Aktionsprogramm gegen Aggression und Gewalt (AgAG): Dokumentation des Modellprojektes (AgAG). Band 1. Münster: Votum.

[3] Bohn, Irina & Münchmeier, Richard (1997): Aktionsprogramm gegen Aggression und Gewalt (AgAG): Dokumentation des Modellprojektes (AgAG). Band 1. Münster: Votum.

[4] ISS & IFFJ (Hrsg.) (1994): Zwei Jahre AgAG: Erfahrungen aus der praktischen Arbeit mit gewaltbereiten Jugendlichen. 2. Zwischenbericht zum AgAG. Berichte und Materialien, 4.

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